Wie kann ein Vollprobetest die Verfügbarkeit von gebäudetechnischen Anlagen gewährleisten?
Sicherheitstechnische Einrichtungen und sicherheitsrelevante Anlagen in Gebäuden haben in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Während die Gebäude noch vor 20 oder 10 Jahren anlagentechnisch nicht sonderlich komplex waren, hat sich die Situation inzwischen grundlegend geändert. Immer mehr höchst unterschiedliche Anlagen kommen in Gebäuden zum Einsatz, um sicherheitsrelevante und andere Funktionen zu erfüllen. Die sicherheitsrelevanten Anlagen müssen im Anforderungsfall sicher sein und eine hohe Verfügbarkeit aufweisen. So möchten zum Beispiel Gebäudebesitzer oder Gebäudebetreiber in ihren Gebäuden, in denen Brandmeldeanlagen vorhanden sind, dass diese Anlagen im Brandfall einwandfrei funktionieren und ihre Funktionen, wie z. B. die Alarmierung von Feuerwehr und der betroffenen Personen sowie die Brandfallsteuerung (Brandfallmatrix) anderer Anlagen korrekt erfüllen. Wie bei diesem Beispiel deutlich wird, geht es also um die Verfügbarkeit der Anlagentechnik im Anforderungsfall (hier Brandfall).
Um die hohe Verfügbarkeit von gebäudetechnischen Anlagen zu erreichen, muss bei der Planung, der Errichtung, der Inbetriebnahme und im Betrieb dieser oftmals sicherheitsrelevanten Anlagen vieles beachtet werden. Hierbei helfen die Ansätze der Funktionalen Sicherheit und vor allem Tests. Um die vollständige Erfüllung aller Anforderungen an diese Anlagen zu erreichen, müssen diese Anlagen regelmäßig und wiederkehrend überprüft und einem Vollprobetest unterzogen werden. Dieses Vorgehen ist vergleichbar mit den regelmäßigen Überprüfungen eines Fahrzeugs während der Hauptuntersuchung. Nur wenn die Ergebnisse der Überprüfung positiv sind und das Fahrzeug keine wesentlichen Mängel hat, daft es am Straßenverkehr teilnehmen. Eine ähnliche Philosophie hält nun auch bei den zusammenhängenden Anlagen und deren Wechselwirkungen in Gebäuden Einzug. Die Vollprobetest(s) gebäudetechnischer Anlagen belegen die einwandfreie Funktion und das integrale Zusammenspiel unterschiedlicher sicherheitsrelevanter Anlagen, die im normalen Betrieb häufig eine untergeordnete Rolle spielen und nicht miteinander interagieren.
VDI Blatt 3 „Sicherheitstechnische Einrichtungen für Gebäude – Vollprobetest“
Mit der Richtlinie VDI 6010 Blatt 3 „Sicherheitstechnische Einrichtungen für Gebäude – Vollprobetest“ liegt nun ein Regelwerk vor, mit dem man das Zusammenwirken sicherheitstechnischer Einrichtungen in Gebäuden überprüfen kann [1]. Die Richtlinie gibt u. a. Hinweise zur Organisation, Durchführung und Dokumentation der Vollprobetest(s) in Gebäuden. Mit der Durchführung von Vollprobetests und Wirkprinzipprüfungen werden system- und gewerkeübergreifende Funktionen und Wechselwirkungen überprüft. Bei denen sicherheitsrelevanten Funktionen handelt es sich um solche, die bauordnungs- und/oder privatrechtlich gefordert werden. Es geht dabei in erster Linie, wie beispielsweise bei einem Brandfall, um die Sicherstellung des Personenschutzes. Mit den in der Richtlinie beschriebenen Methoden und Vorgehensweisen kann man jedoch auch weitere sicherheitsrelevante und betriebsnotwendige Funktionen, die zum Beispiel auf den Sachschutz abzielen, überprüfen.
Die Richtlinie gibt Hinweise, wie man Erstprüfungen aber auch Wiederholungsprüfungen durchgeführt. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, da moderne Gebäude sich ständig weiter entwickeln und die sicherheitsrelevanten Anlagen im Laufe der Zeit oft modifiziert werden. Während der Vollprobetest(s) fallen in der Regel Mängel an den einzelnen sicherheitsrelevanten Anlagen, sowie bei deren Zusammenspiel auf. Die Vollprobetests bieten somit eine Chance die sicherheitsrelevanten Mängel zu entdecken und deren Beseitigung zu veranlassen. Insgesamt führen Vollprobetest(s) zur Nachweisführung und Erhöhung der Sicherheit in Gebäuden. Es bleibt daher zu wünschen, dass die Verantwortlichen diese sehr nützliche und praxisorientierte VDI-Richtlinie konsequent anwenden und die Vollprobetest(s), die nunmehr Stand der Technik sind, durchführen.
Herzliche Grüße
Dr. Eugen Nachtigall